3. November 2022
Höhere Performance und geringere Kosten von technischen Anlagen durch eine langfristige Sicherung von Ressourcen.
Vermutlich ist es nur folgerichtig, dass gerade in einer Welt voller Ungewissheiten die Planung zunehmend in den Fokus von Unternehmen rückt. Der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Günter Wöhe beschreibt Planung als „die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns durch Abwägen verschiedener Handlungsalternativen und Entscheidungen für den günstigsten Weg“. Dadurch ist es Unternehmen überhaupt noch möglich, zumindest ein wenig festen Boden unter die Füße zu bekommen. Und nur so sind sie den vielen Unwägbarkeiten nicht vollständig ausgeliefert.
Die Engpässe entlang der globalen Lieferketten und der Fachkräftemangel haben in den letzten Jahren sehr deutlich gezeigt: Gute Planung und die Sicherung von knappen und wertvollen Ressourcen sind entscheidend – und herausfordernd.
Auch im Kontext der Instandhaltung beobachten wir seit einiger Zeit zunehmendes Engagement. Das bezieht sich bislang vor allem auf die kurzfristige Planung, die typischerweise einen Zeithorizont von etwa acht Wochen umfasst. Sie zielt dabei auf konkrete Instandhaltungsaufträge ab. Noch nicht so stark im Fokus der Unternehmen stehen dagegen die mittelfristige (über acht Wochen) und die langfristige Planung (über ein Jahr).
Ein möglicher Grund: In der Wahrnehmung vieler Verantwortlicher hat eine missglückte gedankliche Vorwegnahme bislang kaum spürbare Konsequenzen. Und bisher ist es ja auch immer gut gegangen. Ob das auch in Zukunft so bleibt, ist allerdings fraglich.
Unabhängig vom Zeithorizont verfolgt die Instandhaltungsplanung ein zentrales Ziel: Die richtigen Ressourcen und Materialien sollen bereitstehen, um notwendige Instandhaltungsmaßnahmen zur besten Zeit und in geeigneter Weise durchzuführen. Das trägt zu einer hohen Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Assets bei. Neben dieser Effektivitätsdimension – also „die richtigen Dinge zu tun“ – gibt es auch die Effizienzdimension: „die Dinge richtig zu tun“. Dabei sollen Mitarbeiter:innen, Fahrzeuge, Werkzeuge, Materialien und Dienstleister möglichst optimal genutzt werden.
Die hohe Kunst der Planung besteht darin, zwei Ziele gleichzeitig zu erreichen: Einerseits die Mean Time To Repair (MTTR) zu senken und die Mean Time Between Failures (MTBF) zu erhöhen. Andererseits sollen die Instandhaltungs- und Lagerhaltungskosten minimiert werden. In der kurzfristigen Planung werden die verfügbaren Ressourcen und Materialien im Unternehmen disponiert. Bei der mittel- und langfristigen Instandhaltungsplanung geht es darum, zukünftige Bedarfe frühzeitig zu erkennen und entsprechend vorzusorgen.
Dazu gehören konkrete Maßnahmen:
Das klingt zunächst einfach – ist aber durch den enormen Wandel in fast allen Bereichen zunehmend komplex und herausfordernd.
Welche Bedarfe künftig tatsächlich entstehen, lässt sich in der Gegenwart nur schwer voraussagen. Zwar können Unternehmen Bedarfe aus ihrer jeweiligen Instandhaltungsstrategie ableiten, doch dafür braucht es eine belastbare Datenbasis – etwa zu vergangenen Instandhaltungstätigkeiten, bestehenden Wartungsplänen und dem aktuellen Zustand der Anlagen. In vielen Betrieben ist das bislang nicht gegeben. Zusätzlich erschwert ein weiterer Aspekt die Planung: Komponenten, die im Zuge der Instandhaltung ersetzt werden, werden häufig intern oder extern aufgearbeitet oder neu gefertigt. Diese sogenannten Sekundärbedarfe müssen ebenfalls in der Instandhaltungsplanung berücksichtigt werden und erhöhen die ohnehin schon hohe Komplexität zusätzlich.
Auch dass sich das bestehende Anlagenportfolio mit der Zeit ändert, spielt eine entscheidende Rolle. Existierende Maschinen und Anlagen werden modifiziert oder erhalten einen veränderten Einsatzzweck, während gleichzeitig neue Assets, an denen ebenfalls Instandhaltungsmaßnahmen erforderlich sind, hinzukommen. Gerade in den letzten Jahren hat sich viel verändert: Fast alle neuen Anlagen verfügen über digitale Komponenten, die ganz andere Instandhaltungsmaßnahmen fordern als mechanische oder elektrische Bauteile. Das beeinflusst nicht nur die Art der durchzuführenden Tätigkeiten, sondern auch die Qualifikationsanforderungen an Instandhaltungsmitarbeitende und externe Dienstleister.
Die Herausforderung bei der langfristigen Instandhaltungsplanung besteht darin, alle relevanten Einflussfaktoren rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen frühzeitig einzuleiten. Das Wissen darüber ist in den meisten Unternehmen auf verschiedene Personen verteilt, die im Rahmen eines integrierten Prozesses zusammenarbeiten müssen. Ihr Ziel ist es ein optimales Planungsergebnis zu erreichen.
Werden Maßnahmen nicht rechtzeitig angestoßen, lassen sich auftretende Probleme unter Umständen kurzfristig nicht mehr beheben. So kann es angesichts des Fachkräftemangels durchaus vorkommen, dass die Erweiterung des bestehenden Teams mehrere Monate oder sogar Jahre in Anspruch nimmt. Eine ähnliche Knappheit besteht bei Werkzeugen, Ersatzteilen und externen Dienstleistern.
Um eine Planung zu ermöglichen, die eine effektive und effiziente Instandhaltung unterstützt, ist eine umfassende Integration entscheidend. Dabei bedeutet Integration in diesem Zusammenhang auch die Planungen anderer Fachbereiche einzubeziehen – insbesondere dort, wo sie Einfluss auf die Instandhaltung haben oder umgekehrt von ihr beeinflusst werden.
Im Wesentlichen betrifft das folgende Bereiche:
Daten zur Kapazität, zu Abwesenheiten oder zum Ausscheiden von Mitarbeiter:innen sollten vom Personalwesen an die Instandhaltung übermittelt werden. Umgekehrt sollte die Instandhaltung ihren Personalbedarf, hinsichtlich Volumen und Qualifikationen, an die HR kommunizieren.
Um künftige Bedarfe abzuleiten, ist es notwendig, aus der Produktion Planungsdaten des Anlagenportfolios an die Instandhaltung zu übermittelt. Zudem sollten der Einsatz der Anlagen sowie geplante Stillstandzeiten abgestimmt werden.
Erhält die Instandhaltung frühzeitig Zugriff auf Informationen zu Lieferanten und deren Konditionen, können Bestellungen effizienter geplant werden. Umgekehrt muss sie ihren Bedarf an Materialien und externen Dienstleistern rechtzeitig an die Beschaffung übermitteln. So lassen sich passende Lieferanten finden und in den Prozess einbinden.
Die Instandhaltungsplanung liefert wichtige Daten für die Finanzplanung und kann als Grundlage für die Budgetierung dienen. Aus der Finanzplanung lässt sich wiederum ein Budget ableiten, das den Rahmen für die Instandhaltungsplanung vorgibt.
Neben der Vernetzung aller Planungsbereiche ist eine regelmäßige Aktualisierung der Daten wichtig – insbesondere in Zeiten, in denen sich Rahmenbedingungen schnell ändern. Das zeigt sich aktuell besonders deutlich bei den Lieferketten: Selbst vergleichsweise simple Produkte sind nicht immer sofort verfügbar, weil einzelne Vorprodukte fehlen. Oder aber die benötigten Werkzeuge und Ersatzteile kosten mitunter deutlich mehr.
Statt nur mit Excel, sollten spezialisierte und integrierte Anwendungen zum Einsatz kommen, um eine integrierte Instandhaltungsplanung zu realisieren. Gemeint sind damit zum einen Systeme, in denen alle relevanten Stammdaten – wie Equipments, Wartungspläne und Arbeitspläne – sowie transaktionale Daten – wie Aufträge und Rückmeldungen – zentral verwaltet werden. In einem SAP-Umfeld übernimmt im Wesentlichen das SAP S/4HANA (oder SAP ERP) diese Aufgaben.
Außerdem werden Anwendungen benötigt, mit denen sich auf Basis der vorhandenen Daten konkrete Planungen durchführen lassen. Ein Teil dieser Planungsfunktionen ist bereits in SAP S/4HANA enthalten, insbesondere für die kurzfristige Planung mit SAP S/4HANA Asset Management for Resource Scheduling (RSH) sowie SAP Material Requirement Planning (MRP). Darüber hinaus bietet SAP mit Integrated Business Planning (SAP IBP) eine cloudbasierte Anwendung, mit der sich sämtliche Aspekte entlang der Supply Chain abbilden lassen.
Speziell für die Instandhaltungsplanung steht mit SAP Integrated Business Planning for Maintenance, Repair and Operations (MRO) ein eigenständiges Modul zur Verfügung.
Das Tool nutzt eine Schnittstelle zu SAP S/4HANA, um Stammdaten und transaktionale Daten wie Wartungspläne, Aufträge oder Rückmeldungen einzulesen. Auf Basis dieser Daten ermittelt es die Bedarfe – abhängig von der jeweils eingesetzten Instandhaltungsstrategie:
Die berechneten Bedarfe werden überprüft und mit den verfügbaren Ressourcen abgeglichen, um konkrete Maßnahmen daraus abzuleiten. Dabei handelt es sich in der Regel um einen iterativen Prozess, der so lange angepasst und ergänzt wird, bis ein final abgestimmter Plan vorliegt. Zusätzlich stehen weiterführende Funktionen wie die Bestandsoptimierung zur Verfügung. Dabei arbeiten die User mit einem Web- oder Excel-Frontend.
Ergänzend stellt die SAP Analytics Cloud (SAC) Funktionen für die finanzielle Planung bereit. Ergebnisse aus der Instandhaltungsplanung in SAP IBP MRO lassen sich damit ganz leicht in die SAC überführen. Dort können verfügbare Budgets unternehmensübergreifend abgestimmt werden.
Für einen vollständigen Planungszyklus kann abschließend ein Soll-Ist-Abgleich erfolgen, der üblicherweise entweder in SAP IBP oder in der SAC durchgeführt wird. Basis dafür bilden die Soll-Daten aus SAP IBP sowie der SAC und die in SAP S/4HANA vorgehaltenen Ist-Daten.
Zukunftstechnologie mit valantic verstehen
Erfahren Sie, wie Machine Learning die Instandhaltung transformiert – und welche Potenziale bereits heute nutzbar sind.
Nichts verpassen.
Blogartikel abonnieren.