Effizienzsteigerungen, geringere Kosten, vorausschauende Wartung: An vielen Stellen realisiert IONITY bereits messbare Mehrwerte durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig unterstreicht CTO Holger Riemenschneider, dass der Mensch weiterhin eine entscheidende Rolle für den wirtschaftlichen Fortschritt spielen wird – vor allem, wenn es um Innovationen geht. Worauf es beim erfolgreichen Einsatz von KI im Unternehmen ankommt, erklärt Riemenschneider im Interview.
Handelsblatt Research Institute
Herr Riemenschneider, welche Technologietrends werden in den nächsten fünf Jahren den größten Einfluss auf Ihre Branche haben?
Holger Riemenschneider
An erster Stelle der relevanten Technologietrends steht aktuell KI. Allerdings ist es ebenfalls ein großes Buzzword. Die Unternehmen müssen den Trend nun mit Leben füllen. Dazu ist es wichtig, dass es konkrete Use Cases sind, mit denen Aufgaben und Probleme der Unternehmen gelöst werden. Damit geht jedoch auch eine Herausforderung bei der weiteren Entwicklung der KI-Anwendungen einher.
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Worin besteht diese Herausforderung?
Holger Riemenschneider
Bisher hat die KI von dem gelernt, was wir Menschen gemacht haben. In der nächsten Iterationsschleife wird KI vermehrt von KI lernen. Hier müssen wir kritisch genug sein und schauen, dass KI eingesetzt wird, ohne Fehlinformationen zu generieren.
Handelsblatt Research Institute
Gibt es neben KI weitere Technologien, die in den kommenden fünf Jahren wichtig sind?
Holger Riemenschneider
In den kommenden Jahren werden bestehende Trends weiter eine wichtige Rolle spielen. Dazu gehört beispielsweise Cloud Computing. Dieser Technologietrend wird uns auch in den nächsten zehn Jahren begleiten.
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Ein Beispiel für ein anderes Technologie-Buzzword der jüngsten Vergangenheit ist das Metaverse. War hier der Hype zu groß?
Holger Riemenschneider
Ja, der Hype um das Metaverse war zu groß und der Trend geriet mit dem stärkeren Aufkommen von KI schnell wieder aus dem Fokus. Die Technologie hat Potenzial, aber es fehlen Use Cases für den Industriebereich. Bei bestimmten Anwendungsfällen in anderen Bereich wird das Metaverse in Zukunft unter Umständen eine Rolle spielen. Aber hier hatte ich größere Fortschritte erwartet.
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Gibt es weitere Technologien, die sich möglicherweise auch beim Einsatz in Ihrem Unternehmen als Enttäuschung zeigten?
Holger Riemenschneider
Wir hatten bislang kein Digitalisierungsthema im Unternehmen, mit dem ich unzufrieden war. Beim Cloud Computing haben sich jedoch noch nicht alle meine Erwartungen erfüllt. Dies betrifft zum einen die Rechenleistung. Gerade für die KI-Anwendungen brauchen wir immer mehr Rechenleistung und Speicher. Hier sind größere Fortschritte erforderlich.
Nachbesserung wünsche ich mir auch beim Aspekt der Flexibilität. Es gibt nur wenige große Cloud-Anbieter, die größtenteils in den USA sitzen. Auch wenn man sich technologisch darauf vorbereitet – was wir gemacht haben –, kann man nicht ohne Weiteres den Anbieter wechseln. Der Aufwand wäre einfach viel zu groß. Aufgrund der starken Bindung können Unternehmen dann Preissteigerungen schwer ausweichen.
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Wo stehen die Unternehmen in Deutschland aktuell beim Thema KI?
Holger Riemenschneider
Ich denke, die Unternehmen haben KI auf dem Schirm. Aber viele wissen noch nicht, wie sie die Technologie am besten einsetzen. Oftmals wird bei KI nur an ChatGPT gedacht. Aber bereits heute können mit KI schon Aufgaben ausgeführt werden, die vor ein paar Jahren noch sehr komplex waren.
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Welche Potenziale hat KI insbesondere in Ihrer Branche?
Holger Riemenschneider
Viele Unternehmen sind aktuell noch beschäftigt, sinnvolle Einsatzmöglichkeiten zu identifizieren. Meist wird KI vor allem zur Bearbeitung von Standardaufgaben eingesetzt. Der Fokus liegt dabei auf Effizienzsteigerungen. Unternehmen optimieren ihre Geschäftsprozesse mit KI und automatisieren Routineaufgaben. Einen verstärkten Einsatz von KI bei der Entwicklung ganz neuer Geschäftsmodelle sehe ich aktuell noch nicht. Aber das wird kommen.
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Wo wird KI konkret bei Ihnen im Unternehmen eingesetzt?
Holger Riemenschneider
Ein Schwerpunkt liegt im Bereich IT-Operations. Im Sinne von Predictive Maintenance wird das IT-System laufend überwacht, um Ausfälle zu verhindern. Dies funktioniert bereits sehr gut. Aktuell arbeiten wird daran, den Einsatz auf den Hardwarebereich auszuweiten.
Ein weiterer Use Case ist die Automatisierung sowie Vereinfachung von Geschäftsprozessen – beispielsweise im Bereich Recht.
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Resultieren in Ihrem Unternehmen bereits messbare Benefits aus dem KI-Einsatz?
Holger Riemenschneider
Ja, die KI-Anwendungen führen zu messbaren Effizienzsteigerungen, also weniger Zeitaufwand bei bestimmten Tätigkeiten und geringere Kosten. Vor jedem Einsatz einer neuen intelligenten Anwendung kalkulieren wir genau den Business Case. Nur falls es sich lohnt, setzen wir es um.
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Und wie lange dauert es, bis sich der Einsatz einer konkreten Anwendung lohnt?
Holger Riemenschneider
Es ist nicht so, dass sich KI im Hinblick auf den Return on Investment von Tag eins an rechnet. Aber in den meisten Fällen ist der Einsatz spätestens nach einem Jahr rentabel.
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Wird KI künftig eine noch größere Bedeutung für den wirtschaftlichen Fortschritt haben?
Holger Riemenschneider
Wenn Unternehmen KI geschickt einsetzen, kann sie stark unterstützen. Die Impulse an den entscheidenden Stellen müssen allerdings weiterhin von Menschen kommen, insbesondere wenn es um Innovationen geht. Bei der Umsetzung sollten KI-Technologien umfassend unterstützen.
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Welche Faktoren sind entscheidend für den Erfolg bei KI-Anwendungen?
Holger Riemenschneider
Wichtig ist es, dass Unternehmen KI nicht einfach direkt einsetzen. Vorher muss die Frage beantwortet werden, welches Problem damit gelöst werden soll beziehungsweise welches die konkrete Aufgabe ist. Nur dann kann vorab auch geklärt werden, ob die Voraussetzungen wie benötigte Daten gegeben sind und ob sich der Business Case rechnet.
Einfach nur Daten in ein KI-Modell zu geben, bringt keinen Mehrwert. Es ist wichtig, Fachlichkeit mit Technologie zu kombinieren, um passende Use Cases zu identifizieren. Diese Kombination ist meiner Meinung nach auch ein Standortvorteil. Wenn uns dies in Zukunft weiter gelingt, Fachlichkeit und Technologie durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen gemeinsam zu denken, stärkt dies auch unseren Wirtschaftsstandort.
Holger Riemenschneider ist Chief Technology Officer (CTO) bei IONITY.
Das Joint Venture der Automobilhersteller BMW, Ford, Hyundai, Mercedes-Benz und Volkswagen - mit Audi und Porsche sowie der BlackRock Climate Infrastructure Platform als Finanzinvestor – betreibt ein Netzwerk von Hochgeschwindigkeits-Ladestationen entlang der Autobahnen in 24 europäischen Ländern.
Einfach nur Daten in ein KI-Modell zu geben, bringt keinen Mehrwert. Es ist wichtig, Fachlichkeit mit Technologie zu kombinieren, um passende Use Cases zu identifizieren. Diese Kombination ist meiner Meinung nach auch ein Standortvorteil. Wenn uns dies in Zukunft weiter gelingt, Fachlichkeit und Technologie durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen gemeinsam zu denken, stärkt dies auch unseren Wirtschaftsstandort.
Holger Riemenschneider, Director Technology, IONITY
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