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Agentic AI: Zwischen Vision und echtem Business-Nutzen

Shot of a group of colleagues using a computer together during a late night at work

Warum sich E-Commerce-Betreiber:innen jetzt mit Agentic AI beschäftigen sollten

Mit Agentic AI wird der massive Hype um generative KI nochmals stark angeheizt. Gerade in den letzten Wochen ist einiges in Bewegung geraten, insbesondere durch die Ankündigungen von Google und Microsoft.

Google hat auf der I/O 2025 die Einführung des «AI Mode» in der Google-Suche vorgestellt, der eine interaktive, konversationsbasierte Nutzererfahrung bietet. Zudem wurde der «Agent Mode» in der Gemini-App angekündigt, der es ermöglicht, komplexe Aufgaben wie Reisebuchungen oder Recherchearbeiten durch autonome Agenten erledigen zu lassen.

Microsoft hat auf der Build 2025 die Erweiterung von Copilot Studio präsentiert, mit der Unternehmen eigene autonome KI-Agenten entwickeln können. Zusätzlich wurden zehn neue vorgefertigte Agenten für Dynamics 365 eingeführt, die verschiedene Geschäftsprozesse automatisieren sollen.

Gleichzeitig ist eine kritische Debatte um die tatsächlichen Mehrwerte und Sicherheitsfragen in Business-Kontexten spür- und sichtbar. KI wird in den kommenden Jahren zwar eine Schlüsseltechnologie für den Unternehmenserfolg sein, gleichzeitig gibt es weitere digitale Trends, welchen eine hohe Relevanz für den Unternehmenserfolg beigemessen wird (Studie: The Rise of Applied AI).

Für Betreiber:innen von E-Commerce-Plattformen eröffnen sich vor diesen Hintergrund neue strategische Fragestellungen:

  • Wie verändert sich die Customer Journey, wenn autonome KI-Agenten im Auftrag der Nutzer:innen den Recherche- und Entscheidungsprozess übernehmen?
  • Wie muss die eigene Plattform aufgebaut sein, dass sie direkt nutzbar wird für Agenten?
  • Und vor allem: Wie lässt sich dieses Potenzial selbst nutzen, bevor andere es tun?

Gerade im B2B-Umfeld, wo komplexe Kaufentscheidungen, lange Sales-Zyklen und kontextabhängiger Service den Alltag prägen, können Agenten Effizienzgewinne, eine bessere Personalisierung und niedrigere Supportkosten ermöglichen – vorausgesetzt, sie sind richtig eingebettet.

Was ist Agentic AI – und wie zeigt sie sich im Alltag?

Der Begriff «Agentic AI» beschreibt ein breites Feld an Anwendungen, die mittels eines Large Language Model (LLM) Zielzustände verfolgen, sich Werkzeugen bedienen und diese autonom einsetzen, ohne einem strikten Programmablauf folgen zu müssen.

Es empfiehlt sich dabei für Unternehmen Agentensysteme nach Einsatzzweck zu segmentieren, da so klarer mögliche Handlungsfelder sichtbar werden. Wir unterscheiden im Folgenden dabei drei Segmente:

  1. Kundengesteuerte Agenten
  2. Service-Agenten für assistierte Kundenerlebnisse
  3. Enterprise-Agenten für die internen Prozesse

Kundengesteuerte Agenten

Mit Agent-to-Agent (A2A), Model-Context-Protocol (MCP) und NLWeb etablieren sich allmählich Standards, die von externen Agenten genutzt werden können, um mit Diensten oder anderen Agenten interagieren zu können. Das soll in Zukunft ermöglichen, ChatGPT, Gemini oder Copilot nicht nur für Recherchen zu nutzen, sondern sie auch Aktionen auszuführen zu lassen, sei es für eine Terminbuchung, Bestellung oder ähnliche Transaktionen mit einem Anbieter. Und das alles, ohne den Kontext des persönlichen Assistenten verlassen zu müssen.

Service-Agenten für assistierte Kundenerlebnisse

Mit den gleichen Standards lassen sich auch auf der eigenen Plattform Touchpoints für die Kund:innen kreieren, die das Ökosystem der Services des Anbieters systematischer und flexibler in einem Interface zusammenführen können. Es erweitert den (schon fast klassischen) RAG-Chatbot, der das Unternehmenswissen für Kund:innen bereitstellt, um transaktionale Fähigkeiten, die zuvor nur schwer umsetzbar waren. Der Vorteil bei der Integration in die eigene Plattform liegt in den erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb der Experience. Zum echten Mehrwert wird dies jedoch erst, wenn die relevanten Schnittstellen den Kontext der eingeloggten Benutzer:innen kennen, Bestellungen und Kundendaten erfassen und entsprechend damit interagieren können.

Enterprise-Agenten für die internen Prozesse

Interne Agentensysteme bieten das Potenzial, Automatisierung und Optimierung in Prozessen, die vorher nur kostenintensiv, bis gar nicht automatisierbar waren. Durch geeignete Orchestrierungsplattformen können nun Agenten erstellt werden, die nicht mehr rein deterministische Lösungspfade vorprogrammiert bekommen müssen. Stattdessen nutzen sie Reasoning und erhalten die passenden Werkzeuge, um sinnvolle Tätigkeiten im Unternehmen auszuführen. Ebenso können diese Agenten direkt mit den Kund:innen interagieren. Ein Beispiel: Im B2B-E-Commerce könnte ein Sales-Agent auf Basis historischer Bestellungen, aktueller Lagerbestände und Rahmenverträge selbständig Bestellvorschläge generieren – inklusive Preiskalkulation, Lieferterminen und Alternativen. Die Einkäuferin muss nur noch bestätigen – oder verhandeln. Auslöser für das Aktivwerden eines solchen Agenten ist dabei nicht nur ein manueller Aufruf durch die Anwenderin, sondern auch andere Umweltereignisse, wie etwa eine E-Mail, ein API-Aufruf oder die Änderung in einer Datei. Zwar war dies mit Low-Code-Systemen auch früher schon möglich, jedoch hebt die Fähigkeit des Agenten, den Input eigenständig zu interpretieren, die Autonomie auf ein völlig neues Level. Eine grosse Herausforderung beim Aufbau solcher Agentensysteme besteht in der Transformation von reinen Workflows hin zu einer Agentenlandschaft, die sinnvoll miteinander interagiert, um Aufgaben und Probleme skalierbar zu lösen.

Was bedeutet Agentic AI für digitale Nutzererlebnisse?

Für die meisten Nutzer:innen ist KI heute bereits Teil des Alltags – sei es durch personalisierte Produktempfehlungen, automatische Übersetzungen oder Chatbots im Kundenservice. Doch Agentic AI geht einen Schritt weiter: Sie bietet nicht nur einen Dialog zu den Produkten und Dienstleistungen des Anbieters – sie kann über die zur Verfügung gestellten Werkzeuge und Umsysteme im Auftrag des Kunden agieren. Das bedeutet:

  • Statt nur zu antworten, schlägt der Agent Optionen vor.
  • Statt Formulare auszufüllen, führt er durch den Prozess.
  • Statt Produkte zu suchen, analysiert er Bedürfnisse und macht Vorschläge.

Wo Agentic AI (noch) keinen Mehrwert bietet

So vielversprechend die Technologie ist – es gibt auch klare Grenzen:

  • Standardprozesse mit klaren Regeln: Für einfache, strukturierte Prozesse (z. B. Einmalbestellungen, Formularübermittlung) ist der zusätzliche «Agentic Layer» oft unnötig komplex.
  • Vertrauenssensitiver Kontext: In hochregulierten Bereichen oder bei sensiblen Kundendaten (z. B. im Gesundheitswesen oder Bankenbereich) ist der Einsatz autonomer Agenten noch kritisch zu bewerten – sowohl aus Compliance- als auch aus UX-Sicht.
  • Mangelhafte Datenbasis: Agentic AI ist nur so gut wie die Daten und Ziele, die man ihr gibt. Ohne qualitativ hochwertige Produktdaten, klare Regeln und Feedbackmechanismen kann sie schnell falsche Schlüsse ziehen – was zu Frustration oder sogar geschäftlichem Schaden führen kann.

Kurzum: Nicht alles, was technisch möglich ist, ergibt auch Sinn für die Nutzer:innen. Die Kunst liegt darin, Agentic AI zielgerichtet und verantwortungsvoll einzusetzen – dort, wo sie echte Entlastung und Mehrwert schafft.

Fazit: Agentic AI – zwischen Vision und Verantwortung

Agentic AI eröffnet faszinierende neue Möglichkeiten in Marketing, Sales, Service und E-Commerce. Doch wie bei jeder mächtigen Technologie gilt: Wirkung entsteht nicht durch den blossen Einsatz, sondern durch die korrekte Anwendung im richtigen Kontext. Gerade weil Agenten zunehmend autonom agieren, wird die Frage nach ihrem Zweck, ihrer Verantwortung und ihrem Rahmen umso zentraler. Damit Agentic AI in Unternehmen echten Nutzen entfaltet – und nicht zur teuren Spielerei oder gar zum Risiko wird – sollten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Use Case statt Spieltrieb
    Nicht jeder Prozess braucht einen Agenten. Unternehmen sollten gezielt prüfen, wo Agentic AI echten Mehrwert bringt – etwa bei komplexer Informationsverarbeitung, repetitiven Aufgaben oder datengetriebenen Entscheidungen – und wo traditionelle Systeme oder einfache Automatisierungen ausreichen.
  • Strategie & Governance als Fundament
    Der Aufbau und Betrieb von Agentic AI braucht klare Leitplanken: Datenschutz, ethische Prinzipien, Qualitätssicherung und Prozessverantwortung müssen definiert und in einer übergeordneten Governance verankert sein.
  • Modulare, skalierbare Architektur
    Agentic AI ist kein Monolith. Eine modular aufgebaute KI-Architektur, in der Agenten auf bestehende Systeme, Daten und Tools zugreifen können, ist entscheidend, um flexibel und wirtschaftlich skalieren zu können.
  • Management-Support statt Nebenprojekt
    Ohne strategische Unterstützung durch das Top-Management bleiben KI-Initiativen oft in der Pilotphase stecken. Führungskräfte müssen die Vision mittragen, Ressourcen bereitstellen und kulturelle Veränderungen aktiv begleiten.
  • Enablement & Verantwortung der Mitarbeitenden
    Mitarbeitende sind nicht nur Nutzerinnen, sondern Mitgestalterinnen von Agentic AI. Damit Agenten effektiv und verantwortungsvoll eingesetzt werden, braucht es Schulung, klare Spielregeln – und die Fähigkeit, mit Agenten auf Augenhöhe zu interagieren.
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Agentic AI ist kein Selbstzweck. Sie kann aber – bei gezieltem, verantwortungsvollem Einsatz – zu einem zentralen Baustein für digitale Exzellenz werden: in der Kundenerfahrung, in der Effizienzsteigerung und in der Gestaltung neuer Geschäftsmodelle. Der Weg dahin ist weder hype-getrieben noch trivial – sondern strategisch, iterativ und menschlich geführt.

 

Referenzen
[1] – Was sind KI-Agents – und warum sind sie mehr als nur Chatbots?
[2] – Google IO Keynote 2025
[3] – Microsoft Build 2025

Woman making a business presentation in a meeting at a creative office and pointing to her team her business plan

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Robert Rekece

Robert Rekece

Head of Business Development

valantic CEC CH

  • Digitalisierungs-Strategie & Beratung
  • Transformation von Geschäftsprozessen
  • System- und Plattformintegration
  • Customer Experience Management

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