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S/4HANA-Digitalisierungswelle: Chancen und Hürden in der IT-Beratung

Jörg Wassink

8. Mai 2019

Bild eines Tablets und einer Zeitung, valantic

SAP-Karriere: S/4HANA und digitaler Wandel

Thomas Latajka, Mit-Geschäftsführer valantic ERP Services, erörtert in der Ausgabe 4-2019 der SAP-Fachzeitschrift S@PPORT, vor welchen Herausforderungen, Chancen und Hürden IT-Beratungsunternehmen im Zuge der voranschreitenden Digitalisierung mit intelligent vernetzten Prozessen sowie zunehmend komplexeren Projekten stehen.

Entscheidende Erfolgsfaktoren für SAP-Digitalisierungsprojekte auf dem Weg zum intelligenten Unternehmen sind Prozessdenken, vernetzte Kommunikation, Kollaboration zwischen Abteilungen und Mitarbeitern und Agilität. Das stellt auch die Digitalisierungspartner auf Beratungsseite vor neue Herausforderungen und verändert nachhaltig SAP-Beraterkarrieren: Agil sein bedeutet für sie eine Entwicklung weg von starren Positionen hin zu einem flexiblen Rollenverständnis.

Im Unternehmen der Zukunft steht der Kunde mit seinen Bedarfen im Mittelpunkt von intelligent vernetzten Prozessen. Mit der SAP Business Suite SAP S/4HANA wurde die technologische Basis für die digitalisierte Welt in Unternehmen geschaffen. Dass das Zeitalter des intelligenten Unternehmens längst begonnen hat, bestätigt die rasant wachsende Zahl an Projekten im SAP-S/4HANA-Umfeld. Die S/4Hana-Digitalisierungswelle rollt.

Wer den Weg zum intelligenten Unternehmen einschlägt, muss sich vor allem mit der Herausforderung immer komplexerer Projekte auseinandersetzen – bei gleichzeitig häufiger wechselnden Marktanforderungen. Eine schnelle Reaktion auf den Markt ist oft ausschlaggebend. Mehr noch: Zukünftig wird entscheidend sein, den Markt und seine Entwicklung vorauszusehen. Möglich wird das erst durch eine fortschrittliche technologische Basis und darauf abgestimmte End-to-End-Prozesse. Für SAP-Projekte gilt es daher, den Zeitplan, das Budget und die Qualität bei der Umsetzung im Blick zu behalten.

Komplexe S/4HANA-Einführungen meistern und gleichzeitig handlungsfähig bleiben – das ist heute mehr denn je die Herausforderung für SAP-Anwenderunternehmen. Neue Herangehensweisen an Implementierungsprojekte sind daher oft agil geprägt. Ein agiler Ansatz kann die Kombination aus einer Vorgehensweise in übersichtlichen Projektsprints und einer transparenten Projektmanagement-Software sein. Die Basis bildet eine vorangestellte Prozess-Beratung direkt im S/4HANA-System.

Die Rolle von Beratungsunternehmen

Der technologische Fortschritt hat mittlerweile eine nie dagewesene Geschwindigkeit erreicht. Was heute aus Sicht der Technologie möglich ist, ist aber teilweise noch nicht einsetzbar in Unternehmen. Zunächst müssen die Prozesse in Unternehmen betrachtet und gegebenenfalls neu ausgerichtet werden. Erst dann folgt der technologische Aspekt. Hier nehmen IT-Beratungen beziehungsweise Digitalagenturen eine zentrale Rolle ein, denn sie haben in der Regel den besten Überblick, wie Prozesse aufgebaut und vernetzt werden sollen und welche Technologie dafür die beste ist. Dabei hat jede Industrie ihre eigenen spezifischen Anforderungen. Gefordert ist auch ein tiefgehendes Branchenwissen bei Digitalisierungspartnern. Groß angelegte Projekte erfordern ebenso eine belastbare Beziehung zwischen SAP-Anwenderunternehmen und Implementierungspartner. Im Idealfall stellt das Beratungsunternehmen einen voll verantwortlichen, direkten Ansprechpartner für die gesamte Projektlaufzeit.

Anspruch an IT-Beratungen steigt

Das Produktportfolio an Software und Lösungen der SAP ist mittlerweile so komplex, dass die richtigen Entscheidungen im Vorfeld getroffen werden müssen. Und zwar auch für Fragen, die aktuell noch nicht vollständig beantwortet werden können. Gerade SAP-Beratungen mit ihrer Expertise, ihren Erfahrungen und ihrer Nähe zur SAP sind besonders gefordert. Der Kunde erwartet vom Dienstleister, immer mindestens einen Schritt voraus zu sein. Genauso ist der Anspruch an eine kompetente Prozessberatung – inhaltlich wie technologisch – hoch. Das verursacht grundsätzlich einen Zielkonflikt für Beratungen, denn sie müssen einerseits für die kontinuierliche Fortbildung des eigenen Teams zu S/4HANA-Experten sorgen, andererseits aber auch – oft unter Vollauslastung – die laufenden SAP-Projekte bedienen. Auch wenn die Zahl an S/4HANA-Beratern gerade stark zunimmt, ist der Bedarf an Expertise in konkreten Projekten aktuell bereits ungleich größer.

Neue Entwicklungspfade für SAP-Berater

Die neuen Anforderungen durch den digitalen Wandel haben längst auch Auswirkungen auf Karrieremodelle im SAP-Umfeld. Die klassische SAP-Karriere ist überholt: Im Zeitalter der Digitalisierung liegt die Entscheidung für Weiterbildung nicht mehr bei der Personalabteilung oder dem Vorgesetzten. Heute steht der Mitarbeiter zunehmend selbst im Mittelpunkt seiner Wissenskarriere. Es gibt keine klar abgegrenzten Entwicklungspfade mehr. Hat man sich in der Vergangenheit auf die Entwicklung vielschichtiger Karrieremodelle mit starren Entwicklungspfaden und Stellenbeschreibungen konzentriert, geht es heute vielmehr darum, die Komplexität zu reduzieren. Der Ein- und Umstieg in neue technologische Herausforderungen soll damit wesentlich leichter fallen. Einher geht das mit einem flexiblen Rollenverständnis der Teammitglieder innerhalb von Projekten. Vor einigen Jahren war noch einheitlich die Rede von besetzten Stellen in Beratungsunternehmen. Heute sind es größtenteils Rollen in selbstorganisierten, cross-funktionalen und projektorientierten Teams, die im IT-Umfeld besetzt werden.

Agile Weiterentwicklung im Projekt

Im Wesentlichen geht es bei der Weiterentwicklung von SAP-Beratern hin zu S/4HANA-Experten um einen systematischen Wissenstransfer in agilen S/4HANA-Projekten, angereichert mit individuellen Schulungen. Die Herausforderung ist, dass sich das Projektteam immer wieder unterschiedlich aufstellen muss für das jeweilige Digitalisierungsprojekt im S/4HANA-Umfeld. Ein branchenerfahrener R/3-Berater mit ausführlichem Prozesswissen, aber noch wenig S/4HANA-Erfahrung, kann ebenso auf die Expertise eines jungen Einsteigers angewiesen sein, wie umgekehrt der wenig praxiserfahrene S/4HANA-Spezialist. Die Kommunikation in Teams und der kontinuierliche Wissensaustausch sind in der Regel der ausschlaggebende Erfolgsfaktor von SAP-Projekten.

Kompetenz gezielt einsetzen – Wissen weitergeben

Der gezielte Wissensfluss zwischen den unterschiedlichen Kompetenzen der SAP-Berater und ‑Entwickler im Projekt vermeidet Informationslücken. Die wechselnden Rollen sind beispielsweise auf zwei Ebenen angesiedelt: Prozessberatung und technologische Umsetzung. Auf Prozessebene gibt der Lead Consultant in diesem Fall sein S/4HANA-Expertenwissen im Projekt an den SAP-ERP-Berater weiter. Mit zunehmender Erfahrung werden aus SAP-ERP-Beratern dann S/4HANA-Spezialisten, die sukzessive die Rolle des Lead Consultants S/4HANA im nächsten Projekt einnehmen können. In diesem Kreislauf bewegen sich Technologie- und Prozess-Berater in einem kontinuierlichen Austausch und stellen so den geplanten Projektverlauf sicher bei gleichzeitiger Qualifizierung der Berater. Auch ein Sprung aus einer technologisch geprägten Rolle in die Rolle der Prozessberatung ist jederzeit möglich und kann je nach Entwicklungswunsch des Teammitglieds wahrgenommen werden.

Schneller Einstieg auch für Trainees

Der agile Ansatz aus Wissenstransfer und Projektpraxis eignet sich ebenfalls für einen schnellen Berufseinstieg in die S/4HANA-Welt. So kann ein Trainee-Programm mit technologischem S/4HANA-Schwerpunkt Grundlage für einen direkten Projekteinsatz sein. In Projekten haben die Trainees oft bereits während der Ausbildungszeit Gelegenheit, von erfahrenen Beratern zu profitieren oder konkrete Projektpraxis zu sammeln. Interne S/4HANA-Migrationen oder der Aufbau eines S/4HANA-Demo-Systems sind hier für Beratungen hilfreich zur Übung am „lebenden Objekt“ in unterschiedlichen Team-Konstellationen. Geht es für Trainees zum nächsten Entwicklungsschritt in die Kundenprojekte, können sie ihr tiefes technologisches Wissen im agilen Zusammenspiel mit den S/4HANA-Experten erweitern in Richtung Prozesswelt.

Digitalisierungsbremsen in Unternehmen

Hauptursachen für nicht erfolgreich verlaufende Digitalisierungsprojekte. Wenn Digitalisierungsprojekte nicht erfolgreich verlaufen, kann das vor allem auf fünf wesentliche Gründe zurückgeführt werden:

  • Fehlende Verankerung von Digitalisierungsprojekten auf höchster Ebene
    Der Treiber ist nur die IT-Abteilung: Digitalisierungsprojekte müssen auf höchster Ebene verankert, verstanden und konsequent im Roll-out gesteuert werden.
  • Zu späte Digitalisierung
    Ein zu später Einstieg in die Thematik: Man hat bis jetzt noch keinem Unternehmen vorgeworfen, zu früh digitalisiert zu haben – vielen jedoch das Gegenteil.
  • Eine zu geringe Datenqualität:
    Neue Technologien wie Artificial Intelligence oder Data Analytics lassen sich nur mit geeigneter Datenbasis sinnvoll nutzen.
  • Unzureichende Technologiekompetenz im eigenen Haus
    Die neuen Möglichkeiten mit Einsatz von moderner Technologie sind immens. Oft fehlt es aber an ausreichendem Wissen darüber, wie sich Prozesse dadurch neu strukturieren lassen.
  • Zu groß angelegte Vorgehensweise
    In der Regel ist es besser, agil in Teilprojekten zu denken und zu steuern, als auf einmal den großen Wurf zu versuchen.

Agile Mitarbeiterentwicklung

Schematische Darstellung einer agilen Mitarbeiterentwicklung im Projekt angelehnt an die agile Projektmethodik von valantic (Project Simplification).

Infografik Mitarbeiterentwicklung valantic
Bildquelle: valantic

Veröffentlicht in: S@PPORT

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