Mit digitalen Technologien zu mehr Kundenzentrierung

Wie agiert man als Unternehmen möglichst kundenzentriert, um Kundinnen und Kunden zu gewinnen, langfristig zu halten und entlang der gesamten Customer Journey für eine möglichst hohe Kundenzufriedenheit – also Digital Experience – zu sorgen? Auf diese strategisch zentrale Frage gibt es nicht die eine Antwort. Es zeigt sich jedoch, dass digitale Technologien für den Aufbau einer Digital Experience eine immer wichtigere Rolle spielen. Denn in einer digitalisierten Welt ändern sich auch die Kundenanforderungen, sodass Unternehmen sich anpassen müssen – oder besser noch sie antizipieren sollten. In einer aktuellen Studie von Oktober 2021 erhob Lünendonk zu diesem Themenkomplex Einschätzungen von Marketing-, Vertriebs- und Strategieverantwortlichen.

13. Dezember 2021

Mario Zillmann

5 Min. Lesezeit

LED-Beschilderung "The Journey is on", Mit digitalen Technologien zu mehr Kundenzentrierung, Customer Experience & Customer Journey Quelle: unsplash/Clemens van Lay

Die Digital Experience ist nur selten ausgereift

Wie schätzen Unternehmen ihre unternehmensinterne Digital Experience ein, also ihre Fähigkeit zur kundenzentrierten Nutzung digitaler Technologien, um ein positives Kundenerlebnis hervorzurufen? Zwei Drittel (65 %) der Unternehmen schätzen diese Fähigkeit im Wettbewerbsvergleich als „auf Augenhöhe“ – also durchschnittlich – ein, 26 Prozent sehen sich sogar im Rückstand. Wenn man bedenkt, dass immer mehr Geschäft über digitale Kanäle abgewickelt werden, sind diese Werte alarmierend. Ein Grund für diesen Status quo ist, dass die Digitalisierung in sehr vielen Unternehmen in den vergangenen Jahren nicht hoch genug priorisiert wurde, was sich nun rächt. Nur 9 Prozent der Unternehmen sehen sich selbst als Vorreiter hinsichtlich der Digital Experience. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Investitionsbedarf und -druck groß ist und nun sehr schnell sehr viele unterschiedliche Aufgaben erledigt werden müssen

Fokusthemen der nächsten Jahre

In welche Themen investieren Unternehmen nun in den kommenden Jahren, um die Digital Experience und digitale Transformation voranzutreiben? 81 Prozent der Befragten der Digital-Experience-Studie von Lünendonk planen in den Jahren 2022 und 2023 eher oder sogar sehr starke Investitionen in Digital Marketing und Sales, also die stärkere Nutzung digitaler Kanäle und Plattformen für die Kundenkommunikation und Vermarktung von Produkten und Services. Die Digital Efficiency, also die Optimierung und Automatisierung von Prozessen, stellt ebenso für 73 Prozent einen starken Investitionsfokus dar. In diesem Kontext spielt auch Künstliche Intelligenz (KI) eine wichtige Rolle: So wollen fast zwei Drittel (63 %) der Befragten in die Nutzung von KI investieren, um etwa Daten besser zu analysieren, Prozesse im Marketing zu automatisieren und Vorhersagemodelle zu erstellen.

Grafilk von der Lünendonk Studie 2021 "Der Markt für Digital Experience Services in Deutschland" - Investitionsbereiche
Frage: In welche der folgenden Bereiche der digitalen Transformation investiert Ihr Unternehmen in den kommenden zwei Jahren?; Skala von 1 = „keine Investitionen“ bis 4 = „sehr starke Investitionen“; Häufigkeitsverteilung; n = 106; Quelle: Lünendonk®-Studie 2021 „Der Markt für Digital Experience Services in Deutschland“

Allerdings kann Prozesseffizienz auch die Digital Experience beeinflussen, beispielsweise wenn Prozesse so miteinander vernetzt sind, dass keine Schnittstellenbrüche mehr auftauchen und sich Kunden in einfacher Art und Weise und bei gleich hoher Experience entlang der gesamten Customer Journey bewegen und die Kanäle wechseln können. Dies ist vor allem im E-Commerce enorm wichtig. Explizit und signifikant in die Verbesserung der Digital Experience investieren wollen 73 Prozent der Unternehmen.

Weiterhin wird mit hoher Priorität in den Aus- und Aufbau neuer digitaler Kanäle und Technologien investiert, die neue Erlösquellen und Geschäftsmodelle ermöglichen sollen. 76 Prozent der Unternehmen setzen daher einen Investitionsschwerpunkt auf die Entwicklung digitaler, plattformbasierter Geschäftsmodelle. Im Industrieumfeld gewinnen etwa IIoT-Plattformen (Industrial Internet of Things) an Relevanz, mithilfe derer Maschinen- und Fahrzeugdaten miteinander vernetzt und die daraus gewonnen Daten für Analysezwecke oder gar als neues Geschäftsmodell genutzt werden. Konsumgüterhersteller beispielsweise bauen mithilfe digitaler Plattformkonzepte das Direct-to-Consumer-Geschäft auf beziehungsweise aus.

Geschwindigkeit der digitalen Transformation fordert Unternehmen heraus

Es zeigt sich jedoch, dass bei der Planung und Umsetzung dieser Maßnahmen Unternehmen mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert werden. Denn mit der rein technischen Einführung beispielsweise eines Content-Management- (CMS) oder eines Customer-Experience-Management-Systems ist es in der Regel nicht getan. Wer die Digitalisierung ernst nimmt und sein Geschäft wandeln und neu ausrichten möchte, muss weitere Maßnahmen ergreifen.

Den Daten kommt im Kontext der Kundenzentrierung eine immer größere Bedeutung zu. Durch den starken, gar exponentiellen Datenanstieg können Unternehmen zwar Produkte und Angebote individualisieren und mittels Data Analytics und KI große Datenbestände (Big Data) schneller analysieren, jedoch müssen Unternehmen diese Datenberge auch managen können. Richtlinien, Leitplanken und Verantwortlichkeiten zum richtigen Datenumgang (Data Governance) sind jedoch in nur 10 Prozent der Unternehmen sehr stark ausgeprägt, in immerhin 39 Prozent sind sie eher stark ausgeprägt. Die knappe Mehrheit der Unternehmen muss entsprechende Spielregeln zur Datennutzung erst noch definieren oder weiter ausrollen.

Auch geben drei Viertel der Unternehmen an, dass der Mangel an qualifizierten Fachkräften eine Herausforderung für die Bewältigung der digitalen Transformation ist. Zudem fordert die Adaption neuer digitaler Technologien 77 Prozent der Unternehmen eher bis sehr stark heraus.

Digital-Experience-Dienstleister sind gefragte Partner

Zusammengefasst lässt sich sagen: Die digitale Transformation – insbesondere das Thema Digital Experience – hat oberste Priorität, gleichzeitig besteht ein hoher Handlungsbedarf und zu einigen Problemstellungen haben Unternehmen noch keine Lösungen gefunden – unter anderem auch weil Fachkräfte mit digitalen Skills fehlen.

Knapp die Hälfte der Unternehmen (52 %) arbeitet daher bereits heute mehr oder weniger intensiv mit externen Dienstleistern zusammen, die die Themen Customer Experience, Plattformen und E-Commerce beherrschen. Man darf erwarten, dass diese in Zukunft zu noch strategischeren Partnern werden, denn 61 Prozent der Marketers und Strategieverantwortlichen setzen regelmäßig oder oft auf Preferred Partners, also eine feste Shortlist an Dienstleistern, die für Ausschreibungen bevorzugt herangezogen werden, um sich Kompetenzen und Lieferfähigkeit zu sichern. Insbesondere Partner, die eine hohe Zielgruppenkompetenz aufweisen, ein fundiertes IT-Know-how haben, gleichzeitig aber auch über Consulting-, Innovations-, Data- und Design-Skills verfügen, sind gefragt – in Zukunft sogar noch stärker. Die Nachfrage nach externen Dienstleistungen war bereits im Corona-Jahr 2020 enorm hoch: Lünendonk ermittelte, dass die führenden Anbieter von Digital Experience Services in Deutschland im Corona-Jahr 2020 um durchschnittlich 7,0 Prozent gewachsen sind, wohingegen das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 5,0 Prozent zurückgegangen ist. Aufgrund der vielschichtigen Herausforderungen von Unternehmen bei der Digitalisierung ist auch in den kommenden Jahren mit einem hohen Wachstum im Markt zu rechnen.

Grafilk von der Lünendonk Studie 2021 "Der Markt für Digital Experience Services in Deutschland" - Zusammenarbeitsmodelle
Frage: Auf welche Strategie setzt Ihr Unternehmen bei der Auswahl und Beauftragung von Dienstleistern bei Projekten rund um die Entwicklung und Umsetzung von Digitalisierungsstrategien?; Skala von 1 = „nie“ bis 4 = „sehr häufig“; Häufigkeitsverteilung; n = 90; Quelle: Lünendonk®-Studie 2021 „Der Markt für Digital Experience Services in Deutschland“

Verfasst von

Portrait von Mario Zillmann

Mario Zillmann

IT-Analyst und Partner beim Marktforschungs- und Beratungshaus Lünendonk & Hossenfelder

Seit 2007 untersucht er die Märkte für IT-Beratung, IT-Services, IT-Sourcing-Beratung, BI-Software, Customer Experience Services und Engineering Services. Thematisch beschäftigt er sich unter anderem mit den Themen Customer Experience Services, Cloud Sourcing, Künstliche Intelligenz, Agilität und digitale Transformation.