Geschäftspotenziale: Wie denkt der deutsche Mittelstand über KI?

Künstliche Intelligenz (KI) ist im deutschen Mittelstand mehr als nur ein Trend: 86 Prozent der Führungskräfte sehen KI als ebenso grundlegend wie Elektrizität.

2. November 2023

4 Min. Lesezeit

Bild eines Roboters | Conversational AI

Digitalisierungsskepsis adé: Der deutsche Mittelstand ist bei der Künstlichen Intelligenz (KI) positiv gestimmt. Laut einer Studie der Steinbeis Augsburg Business School schätzen 55 Prozent der mittelständischen Unternehmer und Manager KI als „äußerst positiv“ und weitere 30 Prozent als „überwiegend positiv“ ein. Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt eine Umfrage des Mittelstandsverbunds ZGV. Danach sehen 71 Prozent der Unternehmen den Einsatz von KI grundsätzlich positiv.

Die übergroße Mehrheit (86%) der von der Business School befragten Führungskräfte aus mittelständischen Unternehmen erwartet, dass der Einsatz von KI in Zukunft so selbstverständlich ist wie die Nutzung von elektrischem Strom. Die Entscheider bezeichnen Künstliche Intelligenz als Schlüsselfunktion in den Bereichen Fertigung (89%), Logistik (57%) und Supply Chain Management (56%).

21 Prozent glauben: KI wird die Hälfte ihres Jobs erledigen

Die Einschätzungen der Mittelständler beruhen nicht auf Hörensagen. Knapp drei Viertel aller Führungskräfte der obersten und mittleren Ebene setzen laut Business-School-Studie KI in ihrem Berufsalltag ein. Die Erfahrung damit bringt sie zu ungeschminkten Aussagen: 41 Prozent der befragten Topmanager schätzen, dass sie binnen zwölf Monaten 20 Prozent oder mehr ihrer Tätigkeit durch KI-Systeme erledigen lassen können. 21 Prozent gehen sogar von einem KI-Anteil an ihrem Job von 50 Prozent oder mehr aus.

Es gibt in Deutschland inzwischen einen breiten Markt an unterschiedlichen KI-Lösungen jenseits von ChatGPT & Co. Eine Vielzahl davon kommt aus Technologie-Startups mit KI-Schwerpunkt. Laut einer Startup-Studie des Bundeswirtschaftsministeriums beschäftigen sich mehr als 3.000 junge Unternehmen mit KI. Ähnlich sieht es der Deutsche Startup Monitor 2023: Jedes zweite deutsche Startup hat einen großen oder sogar sehr großen KI-Anteil in seinem Geschäftsmodell.

Bei den jungen Unternehmen verbreitet sich KI besonders stark, da hier Automatisierung im Vordergrund steht. Laut Startup Monitor nutzen fast 82 Prozent der untersuchten Startups in ihren Geschäftsprozessen generative KI vom Typ ChatGPT. Zwei Drittel nutzen es im Marketing und jeweils ein rundes Drittel für Produktentwicklung und Sales. Und in jedem fünften Startup wird die IT-Infrastruktur mit KI-Tools automatisiert.

Die Akzeptanz von KI ist also groß, sowohl beim alten als auch beim neuen Mittelstand. Es gibt sogar deutliche Anzeichen einer KI-Euphorie. Denn rund 57 Prozent der befragten Mittelstandsmanager vertreten laut Steinbeis-Studie die Ansicht, dass künftig bei wichtigen Entscheidungen eine KI-Meinung eingeholt und berücksichtigt werden sollte. 30 Prozent sind davon überzeugt, dass so bessere unternehmerische Entscheidungen gefällt würden.

KI-Experten dringend gesucht

Ein weitflächiger Einsatz von KI setzt allerdings voraus, dass Spezialisten die Lösungen entwickeln und betreiben, von klassischen Softwareentwicklern bis hin zu Data Scientists, die sich mit der Kunst des Trainings von Sprachmodellen auskennen. Und genau hieran hapert es: Jeder zweite Mittelständler gab in der ZGV-Studie an, dass Know-how und Fachkräfte fehlen. Ähnliche Sorgen haben auch die Startups: Laut Bundeswirtschaftsministerium sind acht von zehn KI-Startups vom Fachkräftemangel betroffen. Entweder konnten sie offene Stellen nicht besetzen oder hatten erhebliche Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Hightech-Spezialisten.

Das wollen Mittelständler mit KI erreichen

Jenseits solcher Überlegungen haben die meisten Mittelständler pragmatische Erwartungen. Laut der ZGV-Studie geht es 53 Prozent der Unternehmen um eine gesteigerte Prozesseffizienz. Zielgenaueres Marketing erwarten mehr als 47 Prozent der Unternehmen. Aber auch die Verringerung des Personalaufwands (43,6 %), ein verbesserter Kundenservice (41,8 %), die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle (29,1 %) und die Verbesserung der Arbeitsqualität (25,5 %) sieht der Mittelstand als Chancen der KI.

Und was ist mit den Arbeitsplätzen? In Aussagen rund um KI geht es früher oder später um dieses Thema. Knapp ein Viertel der in der Steinbeis-Studie befragten Führungskräfte hält es für realistisch, dass mindestens die Hälfte aller Arbeitsplätze durch KI wegrationalisiert werden. Doch eine Mehrheit von 42 Prozent der Führungskräfte hält diese Prognosen für überzogen und rechnet mit höchstens 10 Prozent Arbeitsplatzverlusten. Ähnlich die ZGV-Umfrage: Mehr als 47 Prozent der Befragten glauben nicht, dass in Summe viele Arbeitsplätze verloren gehen.

Insgesamt ist die Erwartungshaltung also sehr positiv und auch das Thema Jobverlust wird als nicht so dramatisch eingeschätzt. Dahinter steckt wahrscheinlich die Erwartung, dass sich die Arbeit wie in der Vergangenheit lediglich auf andere Aufgaben verlagert. Ein drängenderes Problem ist für den Mittelstand, aber auch für Startups der Mangel an spezialisierten Fachkräften. Hier müssen Gesellschaft und Politik noch Hausaufgaben machen, etwa durch die Verbesserung des Bildungssystems.

Weiterführende Lektüre

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