„Hybride Arbeitsmodelle gehören auf den Plan eines jeden modernen Personalmanagements.“
Birgitt Schmidt-Tophoff, Direktorin des Shared Service Center Recruiting, äußert sich zu den wichtigsten Tugenden und Untugenden für Unternehmen im Kontext von New Work.
Digital.Now: Birgitt, ist New Work lediglich eine temporäre Erscheinung, die kurz mal im Kontext der Pandemie aufgetreten ist?
Birgitt: Auf gar keinen Fall, denn hybriden Arbeitsmodellen gehört die Zukunft. Sie gehören auf den Plan eines jeden modernen Personalmanagements. Eine Abkehr vom Arbeiten 4.0 zurück zu den Arbeitswelten des Jahres 2019 und vorher wird es nicht geben. Aber: Kreatives und produktives Arbeiten ist dabei nur möglich, wenn Unternehmen die entsprechenden technischen, kulturellen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen.
Digital.Now: Welche organisatorischen und kulturellen Voraussetzungen müssen denn für ideale Arbeitswelten 4.0 geschaffen werden?
Birgitt: Nun, zum Beispiel kann New Work bedeuten, dass sich Unternehmen auch mit dem Bruch mit ihren althergebrachten hierarchischen Strukturen auseinandersetzen müssen. Die Digitalisierung macht mit ihren kollaborativen Werkzeugen Arbeiten 4.0 erst möglich: von überall und zu jeder Zeit. Das bietet den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aber auch eine neue Freiheit und Unabhängigkeit. Diese Entwicklung sollten Unternehmen tolerieren, um auch gegenüber der Konkurrenz im Personal- und HR-Umfeld besser da zu stehen.
Gleichzeitig werden Kontrollmöglichkeiten glücklicherweise geringer und Unternehmen müssen die Leistung ihrer Mitarbeitenden anders und neu bewerten. Denn ganz klar ist: Vertrauen fördert Produktivität und Effizienz. Dazu gehören auch Konzepte wie Empowerment und Intrapreneurship.
Digital.Now: … die was bedeuten?
Birgitt: Mit Empowerment im Bereich New Work ist gemeint, dass die bereits angesprochene Freiheit auch in Entscheidungsgewalt mündet, Führungskräfte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern also auch einen Teil ihrer Befugnisse tatsächlich übergeben. Intrapreneurship heißt, dass Mitarbeiter lernen, wie Unternehmer zu denken und zu handeln. Es ist aber nicht damit getan, nur die Freiheit zu geben. Man muss die Mitarbeitenden dazu befähigen, mit dieser Freiheit umzugehen und Entscheidungen zu treffen.
Digital.Now: Und im Umkehrschluss, was sind die Untugenden von New Work?
Birgitt: Jede*r Dritte im Homeoffice klagt laut einer Dekra-Umfrage über gesundheitliche Probleme wegen eines mangelhaften, nicht ergonomischen Arbeitsplatzes in den eigenen vier Wänden. Die physischen Beschwerden von Beschäftigten im Homeoffice sind besonders geprägt durch Kopf- und Rückenschmerzen, Augenschmerzen sowie starken Verspannungen. Heißt: Eine Kombi aus Küchenstuhl und 11-Zoll-Laptop steht nicht für Arbeiten 4.0 oder gar New Work, sondern für eine schlechte Kopie. Personaler, Führungskräfte und Personen in Managementpositionen sollten stets für eine gute Ausstattung im Verbund mit New Work-Strategien sorgen.
Und es gibt noch einen anderen Aspekt, auf den Arbeitgeber achten müssen: So kommt eine aktuelle Studie von social health@work der Barmer Krankenversicherung in Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen zu dem Ergebnis, dass Home-Office nicht nur Vorteile bietet, sondern sogar zu psychischen Problemen führen kann. So urteilen die Studienmacher: „Die räumliche Distanz im Homeoffice kann sich schnell zur sozialen Abgrenzung entwickeln: 23,5 Prozent der mobil Beschäftigten fühlen sich isoliert […] Soziale Kontakte sind für die psychische Gesundheit unabdingbar – eine örtliche Trennung von Kolleginnen und Kollegen kann deshalb stark belasten.“ 18,3 Prozent der mobil Beschäftigten gaben an, dass sie sich alleine fühlen. 32,5 Prozent der Befragten fehlt Gesellschaft. Diese Zahlen zeigen, dass man sich gerade im Home-Office sogar noch mehr als sonst um die Belegschaft kümmern muss und Ausgleichsangebote schaffen muss, die die Situation entschärfen können.