61 Prozent der Deutschen wollen online wählen

Die Studie zu E-Democracy vom Digitalverband Bitkom zeigt: 61 Prozent der Bevölkerung würden online wählen gehen und 45 Prozent der Befragten engagieren sich online im Wahlkampf 2021.

10. September 2021

5 Min. Lesezeit

Personen zeigen und tippen auf einen Laptop, Digital Now Magazin valantic Quelle: unsplash/Mimi Thian

Wachsender Wunsch nach Online-Beteiligung

In der Bevölkerung ist der Wunsch gewachsen, sich online an politischen Entscheidungen beteiligen zu können. 59 Prozent der Personen ab 18 Jahren in Deutschland und damit erstmals eine klare Mehrheit fordern diese Möglichkeit. Vor der Wahl vor vier Jahren lag der Anteil nur bei 48 Prozent, vor acht Jahren waren es 44 Prozent.

Aktuell können sich drei von fünf Wähler*innen (61 Prozent) vorstellen, ihre Stimme bei Kommunal-, Landtags- oder Bundestagswahlen online abzugeben, unter den Jüngeren zwischen 18 und 29 Jahren sind es sogar 3 von 4 (73 Prozent). Als wichtigste Gründe für Online-Wahlen gelten schnellere Ergebnisse (64 Prozent), eine bequemere (56 Prozent) und zeitgemäße (49 Prozent) Wahlmethode sowie die Chance auf eine höhere Wahlbeteiligung (37 Prozent). Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die mehr als 1.000 Personen in Deutschland ab 18 Jahren befragt wurden. „Unser Berufsleben und unser ganzer Alltag haben sich in den vergangenen vier Jahren stark digitalisiert – aber unser politisches System verharrt in weiten Teilen noch im Analogen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg bei der Vorstellung der Ergebnisse. „Die Digitalisierung bietet die Chance auf ein Update unserer Demokratie, und diese Chance sollten wir ergreifen.“

Nur 36 Prozent zufrieden mit den digitalen Angeboten der Parteien

Zugleich sind aber nur 36 Prozent der Befragten mit den digitalen Angeboten der Parteien rund um die Bundestagswahl zufrieden. Und auch die Digitalkompetenz der Parteien wird kritisch gesehen: Die im Bundestag vertretenen Parteien erhalten auf der Schulnotenskala im Schnitt eine Drei minus (3,5). „Die Politik reagiert bislang nur unzureichend auf die Bedeutung, die die Wahlberechtigten dem Internet beimessen. Die Politik hat Lücken im Digitalen und verschenkt damit Möglichkeiten und Chancen, bei Wählerinnen und Wählern zu punkten“, so Berg. „Digitalkompetenz bekommt man nicht, indem man eine Agentur mit einem Social-Media-Clip beauftragt, sondern durch eine ernsthafte Beschäftigung mit digitalpolitischen Themen und glaubwürdigem Personal. In den Parteien haben es die Digital-Expertinnen und -Experten leider oft noch schwer, sich Gehör zu verschaffen.“

Frage nach Glaubwürdigkeit von Online-Informationen spaltet die Bevölkerung

Gespalten ist die Bevölkerung, was das Vertrauen in Medien und Online-Quellen angeht. 28 Prozent sind der Meinung, echte Informationen gebe es nur außerhalb der offiziellen Medien im Internet, etwa bei YouTube, in Blogs oder bei Telegram. Aber genauso viele (28 Prozent) geben an, dass sie Informationen im Internet grundsätzlich nicht vertrauen. Und 30 Prozent stimmen der Aussage zu, die deutschen Medien seien in ihrer Berichterstattung nicht frei, sondern würden von der Regierung kontrolliert. Berg: „Das Internet bietet die Möglichkeit, sich einfach, schnell und kostengünstig zu informieren und dabei Quellen zu nutzen, die den Menschen noch vor wenigen Jahren verschlossen waren. Zugleich ist das Internet aber auch ein Raum für Verschwörungstheorien und Fake-News. Die Vermittlung von Medienkompetenz gehört daher zu den zentralen Aufgaben einer modernen Demokratie.“

Für Jüngere sind Online-Informationen wichtigste Quelle zu politischen Themen

Die Jüngeren von 18 bis 29 Jahren informieren sich bereits heute am häufigsten in Online-Quellen über politische Themen. Für 74 Prozent sind Online-Angebote „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“, dahinter folgen das persönliche Gespräch mit Freunden oder Familie (72 Prozent) sowie das Fernsehen (72 Prozent). In der Gesamtbevölkerung liegen persönliche Gespräche und Fernsehen mit jeweils 73 Prozent noch vor den Online-Quellen (60 Prozent). Dahinter folgen Radio (48 Prozent), Tageszeitungen (46 Prozent), gedruckte Informationen der Parteien (39 Prozent) sowie Wochenzeitungen oder Magazine (36 Prozent) und Bücher (22 Prozent).

Politische Top-Themen: Digitalisierung der Schulen und der Verwaltung

Für die kommende Legislaturperiode haben die Bürgerinnen und Bürger eine lange Liste an digitalpolitischen Maßnahmen, um die sich die Politik kümmern soll. Ganz oben steht die Digitalisierung der Schulen (99 Prozent, 2017: 93 Prozent), 92 Prozent wünschen sich zudem die Vermittlung von Digitalkompetenz an Kinder und Jugendliche (2017: 88 Prozent). Ebenfalls hohe Priorität haben die Bekämpfung der Internetkriminalität (97 Prozent, 2017: 95 Prozent) sowie der Schutz der persönlichen Daten (96 Prozent, 2017:92 Prozent), allerdings wünschen sich auch 85 Prozent eine Überprüfung der Datenschutzrichtlinien.

Die Sicherung von Arbeitsplätzen im digitalen Zeitalter gehört für 93 Prozent auf die Agenda (2017: 88 Prozent), 89 Prozent wollen die Stärkung der digitalen Grundrechte (2017: 90 Prozent) und 88 Prozent die Digitalisierung des Gesundheitswesens (2017: 90 Prozent). Die deutlichste Veränderung gibt es bei dem Wunsch nach einer Digitalisierung der Verwaltung – von 72 Prozent im Jahr 2017 auf jetzt 87 Prozent. Den Breitbandausbau halten 84 Prozent für wichtig (2017: 79 Prozent), die Förderung von Startups 74 Prozent (2017: 69 Prozent) und die Förderung intelligenter Mobilität 55 Prozent (2017: 54 Prozent).

Digitalisierung – ein dauerhafter Prozess für Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft

„Digitalisierung ist kein Problem, das wir lösen müssen. Digitalisierung ist ein dauerhafter Prozess – und Digitalisierung ist vor allem der Schlüssel, um zentrale Herausforderungen in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft zu meistern. Das gilt für das Erreichen der Klimaziele ebenso wie für einen wirkungsvollen Kampf gegen Corona und einen effizienten Staat oder den Erhalt einer international wettbewerbsfähigen Wirtschaft“, so Berg. „Ein Weiter-so darf es in der Digitalpolitik nicht geben. Wir müssen nach der Wahl den Einstieg in eine wirklich digitale Dekade schaffen. Auch unser politisches System braucht eine digitale Transformation.“