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Fünf erfolgreiche KI-Projekte, die echte Vorteile generieren

KI-Projekte, die funktionieren und unternehmerische Vorteile erzielen, von DB Schenker bis zum Versicherer BarmeniaGothaer.

21. Mai 2025

7 Min. Lesezeit

Businessman working at office

Unternehmen sind von KI begeistert. Aber welche KI-Projekte generieren in den Unternehmen konkrete Mehrwerte? Diese Frage ist nicht immer einfach zu beantworten. valantic hat gemeinsam mit dem Handelsblatt Research Institute über 680 Business-Entscheider*innen befragt. Den nachfolgenden fünf KI-Use-Case-Clustern messen die Teilnehmer*innen die größte Bedeutung zu (aus: Digital 2030: The Rise of Applied AI). Die Redaktion hat weiter nachgeforscht. Unsere Praxisberichte zeigen, wie Unternehmen unterschiedlicher Größe vom Mittelständler bis zum Konzern schon jetzt durch den Einsatz von KI ihre Prozesse effizienter aufstellen, die Produktivität erhöhen und Kosten senken.

Die fünf relevantesten AI-Use-Case-Cluster

  1. Automatisierung im Kundenservice: Chatbots und virtuelle Assistenten zur Bearbeitung von Kundenanfragen und zur Bereitstellung von Support.
  2. Dokumenten- und Datenverwaltung: Informationen aus Dokumenten und Datensätzen in großen Mengen, automatisiert und in hoher Qualität extrahieren, verarbeiten und verwalten.
  3. Optimierung der Lieferkette: Nachfragevorhersage, Optimierung von Lieferwegen, Reduktion von Lagerbestand, optimierte Logistikplanung.
  4. Qualitätskontrolle: Mängel identifizieren und Produktqualität mittels visueller oder anderer sensorischer Inspektionen sicherstellen.
  5. Robotik & Smart Products: Automatisierung von Produktfunktionen; Zusammenspiel von Sensorik, Steuerung und Logik für eigenständiges Funktionieren und Optimieren von Hardware-Produkten.

BarmeniaGothaer: KI-Agentin „Mina“ hilft Anrufern weiter

Der Versicherer BarmeniaGothaer macht seinen Kundenservice effizienter und bleibt gleichzeitig menschlich und emphatisch – mit der KI-Agentin Mina“. Mina ist mittlerweile ein selbstverständlicher Teil des Teams. Bei über 50 möglichen Weiterleitungszielen sorgt die KI dafür, dass jeder Anrufer schnell und präzise an den richtigen Ansprechpartner gelangt und entlastet die Wuppertaler Telefonzentrale dadurch um 90 Prozent.

Ein Grund für den Erfolg: Mina lernt sehr schnell. Neue Mitarbeiter müssen eingearbeitet werden und benötigen oft mehrere Wochen, um alle Regeln für die Kommunikation und Weiterleitung zu erlernen. Hier ist die AI-Agentin klar im Vorteil. Sie versteht bei jedem einzelnen Gespräch die Bedürfnisse des Anrufers, reagiert empathisch und lösungsorientiert.

Beispielsweise unterstützte Mina einen Anrufer, der seinen Aktivierungscode vergessen hatte. Der Bot erkannte das Anliegen und fragte gezielt nach. Ein anderer Anrufer wollte die Versicherung für seine Katze kündigen. Trotz eine Transkriptionsabweichung, bei der Mina einen „Kater“ als „Karte“ übermittelte, verstand die KI den Zusammenhang und half bei der Lösung.

In einer Umfrage des Versicherers gaben 60 Prozent der Kunden an, dass die AI-Agentin ihre Beziehung zur BarmeniaGothaer am Standort Wuppertal verbessert hat.

KI liefert präzises Expertenwissen aus 15.000 Prüfberichten

Wenn es um fehlerhafte oder gebrochene Bauteile geht, spielt die Fehlersuche eine wichtige Rolle. Damit beschäftigen sich die Experten des Kunststoff-Instituts Lüdenscheid (KIMW). Das Beratungsunternehmen ist mit 100 Mitarbeitern auf Schadensanalytik, Material- und Prozessoptimierung spezialisiert. Sie suchen die Ursachen, weshalb ein Bauteil in die Brüche ging.

Mit rund 3400 solcher Vorgänge hat das KIMW jährlich zu tun. Das Ergebnis wird in einem ausführlichen Prüfbericht zusammengefasst. Im Kunststoff-Institut sind etwa 15.000 Berichte digital in einem KI-gestützten Dokumenten-Management-System (DMS) archiviert.

Kunststoffinstitut Lüdenscheid
Informationen in Sekundenschnelle aus dem umfangreichen Schadensanalyse-Archiv (Foto: Kunststoff-Institut Lüdenscheid)

„Man kann alle Berichte ins DMS einlaufen lassen und anschließend inhaltliche Fragen an die KI stellen, anstatt die Inhalte nur zu filtern und zu sortieren“, sagt Jörg Günther, Geschäftsführer der KIMW Prüf- und Analyse GmbH. Besonders wichtig war es dem Prüfunternehmen, die Sicherheit und Vertraulichkeit der Kundendaten sicherzustellen. Denn die Berichte enthalten sensible Daten, die etwa zeigen, welche Firma eine Prüfung beauftragt hat und welcher Schaden analysiert werden sollte zu lassen. Daher spielt die Geheimhaltung und Datensicherheit eine äußerst wichtige Rolle. Völlig ausgeschlossen ist es daher, eine KI wie ChatGPT einzusetzen.

Das System mit den Schadensanalyseberichten wurde auf einem abgeschotteten System installiert, ohne Zugriffsmöglichkeit für Externe. „Da schieben wir unsere Berichte rein und das System lernt immer mehr dazu“, freut sich Günther.

DB Schenker: KI sichert die Lieferkette

Über die gesamte Lieferkette der Seefracht, also auf Schiffs-, Sendungs- und Containerebene, hat DB Schenker mit Ocean Bridge eine KI mit Echtzeit-Einblicken und präzisen Prognosen für seine Sendungen eingeführt. Planer können sogar für einzelne Container genaue Angaben zu den Lieferterminen geben.

Auf einer interaktiven Karte werden KI-basierte Daten zu den geschätzten Abfahrts-, Anlege- und Ankunftszeiten von Schiffen sowie deren Hafenumläufen dargestellt. Durch den Einsatz von Telematikdaten und dynamischen Algorithmen, die AIS-Positionen (Automatic Identification System)  zur Hafenrotation einbeziehen, werden präzise Fahrpläne erstellt.

Lieferkette DB Schenker
Fracht auf hoher See bleibt durch KI im Visier der Logistikverantwortlichen (Foto: DB Schenker).

Der Logistikverantwortliche erhält detaillierte Informationen über den aktuellen Standort des Schiffs sowie Zugang zu den voraussichtlichen Abfertigungszeiten und Hafenrotationen, sobald die Sendung auf dem Wasser ist. Durch den vollständigen Einblick in die geschätzte Ankunftszeit und die Liegeplatzvorhersagen können die Benutzer effektiver planen und vorbeugende Maßnahmen ergreifen, falls eine Störung vorhergesagt wird.

Zusätzliche Kosten, die durch Verspätungen entstehen können, werden dadurch minimiert. „Ocean Bridge verknüpft dynamisch erweiterte Daten aus der Ereigniskette mit künstlicher Intelligenz. Unsere Kunden können so präventive Maßnahmen ergreifen“, sagt Eva Grieser, Director Data Management & Architecture, Seefracht bei DB Schenker.

KI-gestützte Qualitätskontrolle in der Oberflächenveredelung

Als Spezialist für Galvanotechnik und Oberflächenveredelung offeriert die C. Jentner GmbH aus Pforzheim die Beschichtung komplexer Werkstücke mit Nickel, Kupfer, Silber oder Rhodium. Besonders bei Aufträgen aus der Medizintechnik, der Luft- und Raumfahrt oder der Elektrotechnik bestehen hohe Anforderungen an die Qualität der Beschichtungen.

In der Qualitätskontrolle geht es um winzigste Unebenheiten, Vertiefungen und Kratzer. Dafür ist eine ständige optische Inspektion der Werkstücke notwendig. Aber selbst bei hochqualifizierten Mitarbeitern ist die Prüfung fehleranfällig.

Abhilfe schaffte ein automatisiertes, KI-gestütztes optisches Kontrollsystem zur Identifizierung von Materialfehlern. Das Inspektionssystem kann mithilfe von KI die Bilder der zu prüfenden Werkstücke auswerten und Fehlerklassen zuordnen. Um das KI-System zu trainieren, wurden im ersten Schritt Bilddaten entlang der Produktionslinie erzeugt, die Fehler (Erhöhungen oder Kratzer in der Oberfläche) zeigen. Dadurch lernt die KI, Fehler zu erkennen und korrekt zu klassifizieren.

Auf diese Weise konnten fehleranfällige Prozesse und häufig auftretende Fehlerquellen durch die KI identifiziert und verringert werden. Die Produktqualität hat sich durch verbessert; die Menge an Ausschuss und der Ressourcenverbrauch wurden gesenkt.

KI steuert Roboter in der Holzverarbeitung

Eifelbrennholz ist Hersteller und Lieferant von Kamin- und Brennholz und versorgt seit Mitte der 90er Jahre private Haushalte mit Holz. Der Betrieb deckt den kompletten Prozess der Holzernte über die Verarbeitung bis hin zum Versand ab. Ein Verkauf an Großkunden war in der Vergangenheit aufgrund der fehlenden Wirtschaftlichkeit manueller Palettierung nicht Teil der Unternehmensstrategie.

Neue Perspektiven eröffneten sich durch eine automatisierte Palettierung: Ein KI-gestütztes Robotik-System sollte Holzscheite autonom handhaben und stapeln.

Doch bei Testläufen stellte sich die sehr unterschiedliche Beschaffenheit der einzelnen Holzscheite als Hindernis heraus. So scheiterten wegen dieser Unregelmäßigkeit des Naturmaterials die klassische Ansätze des Bin Pickings (Roboter wählt aus einem Behälter Objekte aus, greift und positioniert sie beispielsweise in einer Baugruppe).

Dem Unternehmen Eifelbrennholz gelang es durch den Einsatz von Robotik, mit Großkunden in der Holzverarbeitung ins Geschäfts zu kommen (Foto: Eifelbrennholz).

Der Einsatz gelang schließlich durch einen Mix aus Sensorik (Kameras) und Aktorik (Greiftechnik). Zunächst werden die Gitterboxen mit dem Material, den ungeordneten Holzscheiten, von einer 3D-Kamera erfasst. Aus diesen Daten entsteht das digitale Abbild jedes einzelnen Holzscheits, das anschließend als Punktewolke dargestellt wird. Nun können die einzelnen Holzscheite voneinander unterschieden werden.

Jetzt kommt die künstliche Intelligenz zum Zuge. Sie erfasst die Geometrie des jeweils nächsten Holzscheits. Mit Hilfe dieser Daten kann der Robotergreifarm die Holzscheite zuverlässig aufgreifen, bewegen und am Zielort ablegen.