Positive Effekte dauerhaft bestätigen
Erschienen in: Logistik heute 11/2015
Dr. Peter Pretzsch, Geschäftsführer von VIKING, erklärt im Gespräch mit LOGISTIK HEUTE, welche Ziele der Gartengeräteproduzent mit dem SCM-Optimierungsprojekt „SCORE“ verknüpft und welche Rolle dabei Mensch und Technik spielen.
LOGISTIK HEUTE: Herr Dr. Pretzsch, als Sie sich das letzte Mal einen Rasenmäher angeschafft haben, wie lange mussten Sie auf ihn warten?
Dr. Peter Pretzsch: Der letzte Rasenmäher, den ich organisiert habe, war natürlich ein VIKING-Rasenmäher. Er war für einen Familienangehörigen auf dem Lande. Es ging um ein besonderes Modell, das der Händler nicht sofort vor Ort hatte. Der Rasenmäher war dann aber einen Tag später verfügbar. Das ist, was wir uns vorstellen: Auch besondere Modelle innerhalb von einem Tag oder maximal zwei Tagen europaweit zu liefern.
Wie ist der Markt, in dem Sie mit VIKING tätig sind, zu charakterisieren?
Die Kunden sind grundsätzlich – zu Recht – eher nicht geduldig und haben eine limitierte Markentreue. In der Regel entsteht der Bedarf, wenn der vorhandene Rasenmäher defekt ist oder aus anderen Gründen ausfällt. Der Kunde braucht den neuen Rasenmäher schnell. Die Verfügbarkeit ist also sehr wichtig, dazu kommt, dass Rasenmäherproduzenten reichlich vorhanden sind. Und es bestehen viele Möglichkeiten, Rasenmäher auch in der Großfläche, zum Beispiel in Baumärkten, zu kaufen. Das unterscheidet uns ganz maßgeblich, weil VIKING ausschließlich über den servicegebenden Fachhandel erhältlich ist, in aller Regel gemeinsam mit den Produkten unseres Mutterhauses Stihl.
Über Viking:
Der Gartengerätehersteller VIKING GmbH mit Sitz in Langkampfen (Tirol, Österreich) hat im Geschäftsjahr 2014 mit 350 Mitarbeitern einen Umsatz von 179,3 Millionen Euro erzielt (2013: 153,9 Millionen Euro). Die Exportquote lag bei 98 Prozent. Deutschland, Frankreich und Benelux bilden dabei die Top-3-Absatzmärkte der Österreicher. Seit 1992 ist VIKING eine 100- prozentige Tochter der Stihl International GmbH aus Waiblingen. Stihl wiederum ist in der Welt nicht zuletzt bekannt für seine Motorsägen.
Was sind – neben den genannten Herausforderungen – die wichtigsten Hintergründe dafür, dass Sie das groß angelegte SCM-Optimierungsprojekt „SCORE“ begonnen haben und was bedeutet SCORE bei Ihnen?
Das Projekt haben wir bewusst mit SCORE benannt, weil es nicht nur für „Supply Chain Optimization and Realisation“, sondern auch für den Imperativ von „Punkte erzielen, einen Treffer erzielen“ steht. Das hat uns gefallen. Das Unternehmen verzeichnete in den vergangenen Jahren ein signifikantes Wachstum, auch beim Produktportfolio.
Die Variantenvielfalt ist groß. Es gibt sehr viele Ausführungsarten. Hinzu kommt eine extreme Saisonalität. Und es ist so, dass wir über keine sonderliche Fertigungstiefe verfügen und die Komponenten im Markt beziehen. Also spielt auch das Waren- und Materialmanagement eine entscheidende Rolle und auf der anderen Seite die Themen der Saisonalität sowie der Bestände und der Lagerflächen. Die dritte Dimension bilden die Versprechen zur Lieferfähigkeit an die Kunden.
Wo drückte Sie konkret der Schuh?
Es gab vor Projektbeginn noch eine ganze Reihe an manuellen Prozessen, die so nicht bestehen bleiben konnten. Und auch die Vorgehensweisen in der IT waren mit dem Geschäftswachstum an Grenzen gestoßen. Wir waren nicht immer in der Lage, sehr schnell Simulationen zu machen, und demzufolge waren die Reaktionen auf Änderungen für unsere eigenen Ansprüche einfach zu langsam. Wir verkaufen ja nicht direkt an den Endkunden, sondern an Vertriebsgesellschaften des Konzerns beziehungsweise an Importeure. Unsere Geschäftsaktivitäten werden von deren Planung maßgeblich beeinflusst. Kurzum: Wir haben uns intensiv mit dem Supply Chain Management beschäftigt, um schneller und schlagkräftiger zu sein im Umgang mit nur bedingt vorhersehbaren Randbedingungen und Effekten.
Dr. Peter Pretzsch, Geschäftsführer, Viking GmbH
Interview
Produktvideo wayRTS (Real Time Simulation)
Video
Wann haben Sie Ihr SCM-Optimierungsprojekt SCORE gestartet?
2013 gab es die ersten intensiven Überlegungen. Wir haben verschiedene Vorbereitungen getroffen und die Anforderungen an das große Projekt definiert. Wir haben uns auch entschieden, für das Vorhaben bei einem externen Partner Verstärkung zu holen, der Wassermann AG aus München.
Welche drei Hauptziele verfolgten Sie mit dem Projekt?
Unsere drei Hauptziele waren: die Reaktionsfähigkeit auf Änderungen zu steigern, Bestände und Kosten zu reduzieren – unter Wahrung der Marktverfügbarkeit – und ganz grundsätzlich die Abläufe zu optimieren.
Könnten Sie bitte anhand eines der Hauptziele Ihre Vorgehensweise im Projekt skizzieren?
Wir hatten immer alle drei Hauptziele im Fokus, weil diese sehr stark zusammenhängen. Sie können ein Ziel perfekt erreichen und richten dann bei den anderen einen Kollateralschaden an. Uns war klar: Das betrifft die IT, das Marketing und die Planung und alle logistischen Vorgänge nach dem Ende des Produktionsbandes bis zum Endkunden. Es sind also sehr viele Partner dabei, die sich an unterschiedlichen Kennzahlen messen lassen müssen. Wir haben begonnen, die Ziele zu definieren. Ein wesentlicher Analysepunkt war die Bewertung der Agilität der Prozesse. Wir haben auch über Zeitmodelle und Personalflexibilitäten nachgedacht. Und es ging um die Klassifikation der Bauteile. Hinzu kam, die Verantwortlichkeiten zu definieren und einen Supply Chain Manager zu benennen, der direkt an mich berichtet und die entsprechende Durchgriffsmöglichkeit hat.
Wie wurde zwischen den Partnern moderiert, damit man letztlich das erreicht, was das Beste für das Unternehmen insgesamt ist?
Es gab ein mehrstufiges Verfahren, moderiert wurde es durch den benannten Projektleiter, der aus der Disposition stammte, gemeinsam mit dem Berater aus dem Hause Wassermann. Die Zusammenarbeit funktionierte gut.
Zur Person:
Dr. Peter Pretzsch ist seit 2011 Geschäftsführer des Gartengeräteherstellers VIKING GmbH mit Sitz in Langkampfen bei Kufstein (Österreich), einem Unternehmen der Stihl Gruppe. Vor seinem Wechsel zu VIKING war er bei Stihl mehr als 20 Jahre lang in leitenden Funktionen in Forschung, Entwicklung und Produktion tätig. Zuvor engagierte sich Pretzsch fünf Jahre an der RWTH Aachen (Institut für Strahlantriebe und Turboarbeitsmaschinen) in der Bearbeitung von Industrieprojekten und promovierte. Sein Studium des Maschinenbaus und der Luft- und Raumfahrttechnik absolvierte Pretzsch ebenfalls an der RWTH Aachen.
Inwieweit konnten Sie die Hauptziele erreichen? Was macht Sie besonders stolz?
Die Hochlaufphase läuft noch, wir möchten sie bis Jahresende abschließen. Wir sind im Sommer in die produktive Phase gegangen. Wir haben länger gebraucht, als ursprünglich gedacht. Ganz wichtig ist, dass wir das Bewusstsein für das Thema bei VIKING weiterentwickelt haben. Und dass wir Fortschritte erzielt haben bei den fokussierten Größen, also die Termintreue verbessert, die Bestände reduziert. Es macht aber keinen Sinn jetzt Zahlen zu nennen, weil die Geschäftsentwicklung so dynamisch ist. Was die Vorgehensweise auch geliefert hat, waren größere Transparenz und auch größere Flexibilität, eine stetige Verbesserung, beispielsweise auch im Rahmen der internen Planung. Wir haben jetzt mit den entsprechenden Tools die Möglichkeit, Prozesse, die vorher mehrere Tage gedauert haben, innerhalb eines Tages durchzuführen. Für Stolz gibt es aber im Moment noch keinen Grund. Wir müssen die positiven Effekte festigen und dauerhaft bestätigen.
Sie haben die Rolle der IT schon mehrfach angesprochen. Inwieweit ist sie ein entscheidender Erfolgsfaktor und was ist mit der menschlichen Komponente?
Der Mensch ist natürlich ein ganz entscheidender Faktor. Eine gute Supply Chain wird man nur darstellen können, wenn alle Beteiligten mitziehen. Wie ich schon sagte, gibt es durchaus Themen, die in einem Zielkonflikt stehen. Es geht darum, dies bestmöglich abzustimmen. In der IT sehe ich uns gut aufgestellt. Wir arbeiten mit SAP und wir haben im Projekt ja das Advanced Planning and Scheduling-System „WayRTS“ von Wassermann in unsere IT-Landschaft eingebunden.
Das Projekt hat sich verzögert. Was würden Sie heute anders machen?
Rückblickend muss man sagen, dass alle Beteiligten den Aufwand unterschätzt haben. Das Projekt war anfangs zu ehrgeizig angesetzt. Ich glaube, dass diese Erfahrung auch schon andere gemacht haben. Insofern würde ich die Projektplanung detaillierter machen und die Meilensteine intensiver verfolgen. Wichtiger ist jedoch das Endergebnis.
Welche Rolle spielte die Saisonalität?
In unserem stark saisonalen Geschäft wäre es relativ ungeschickt gewesen, in den Start der Hochsaison hinein laufende Systeme zu verändern. Deswegen haben wir die Phase der Hauptinbetriebnahme noch etwas gestreckt, bis in die auslaufende Saison.
Was würden Sie sagen: Haben Sie ein IT-Projekt begonnen, das sich dann zu einem Change-Projekt entwickelte?
Nein, es war gleich zu Beginn klar, dass ein Change-Projekt auf uns zukommt. Aber die IT war natürlich ein maßgeblicher Faktor. Letztlich haben wir ein neues Softwarepaket installiert, das mit anderen Systemen korrespondieren und harmonieren muss. Insofern war es ein facettenreiches Projekt, das im Supply Chain Management schon an vielen Stellen zu Fortschritten und positiven Ergebnissen geführt hat.
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